Neujahrskonzert mit dem Duo „Musica Somnia“

Virtuoses Violinspiel und geträumte Spiele mit Musik

Ein ganz ungewöhnliches Neujahrskonzert präsentierte die Wolfgang Sawallisch Musikakademie mit der »Musica Somnia«, wie sich das Duo Anna Katharina Kränzlein, Violine, und Rüdiger Glufke, Piano, nennt. Der erste Termin war nach der Ankündigung innerhalb weniger Tage vollständig ausverkauft, sodass zusätzlich eine Matinee am folgenden Tag angesetzt wurde, die ebenso schnell ausverkauft war. (Mit einem weinenden Auge muss man feststellen, dass die Konzerte der Villa Sawallisch Hinterm Bichl in Grassau kein Geheimtipp mehr sind).

Die junge Musikerin Anna Katharina Kränzlein, 1980 in Fürstenfeldbruck geboren, ist bereits eine sehr bekannte Musikerin, die nicht nur mehrere Instrumente virtuos beherrscht, sondern auch mit verschiedenen Ensembles große Erfolge feierte (Schandmaul, Drehleier, Neuland). Rüdiger Glufke, Jahrgang 1974, aus Landshut, ist neben seinen vielfältigen musikalischen Tätigkeiten, Militärpfarrer in Calw und Stuttgart. Früh lernte er Orgel spielen und singen, was ihn auch zum Studium der Kirchenmusik führte. Bis 2019 war er persönlicher Referent des bayerischen Landesbischofs Johannes Friedrich.

Arrangiert von den beiden Interpreten begann das Konzert mit »Nachtmusik mit Whiskey – »am Tag des Zorns«, ein Mix aus Stücken von Mozart, Rossini, Gregorianik und Bon Jovi (»It´s my life«). Als Moderator mit den notwendigen Erklärungen führte Rüdiger Glufke selbst durch das sehr gemischte, abwechslungsreiche Programm. Obwohl viele Besucher der Villa Senioren mit viel Konzerterfahrung sind, die eher der puristischen Musik anhängen, rissen die beiden Interpreten durch ihr virtuoses, bis ins Kleinste übereinstimmendes Zusammenspiel auf ihren Instrumenten hin. Kammermusikalische Brillanz und Ausstrahlung, dazu mitreißende Spielfreude zogen die Zuhörer in ihren Bann.

Es folgte ein »reines«, das heißt nicht verändertes Allegro aus der Sonate in e-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart. Das zeigte, dass Anna Kränzlein und ihr (musikalischer) Partner von ihrer Ausbildung heraus der klassischen Musik kommen, die sie ebenso hervorragend beherrschen wie alle Facetten der modernen Musik. Gespielt wurden weiter einige veränderte Klassiker, zum Beispiel der

»Corpus Permixtum (Bach durchmischt)« oder »Winterreise« nach Antonio Vivaldis berühmter Programmmusik Winter aus den  »Vier  Jahreszeiten« (komponiert 1723). Hier war sie »garniert mit Schneemelodien«, wie es im Programmzettel hieß, nämlich unter anderem Weihnachtslieder wie »Leise rieselt der Schnee«.

Zu Johann Sebastian Bach erinnerte sich Rüdiger Glufke an ein Gespräch zwischen dem evangelischen Landesbischof Johannes Friedrich mit dem damaligen Erzbischof Joseph Ratzinger. Friedrich fragte ihn, ob es etwas in der evangelischen Religion gebe, um das Ratzinger als Katholik die Protestanten beneide. Der hatte geantwortet »um eure Kirchenmusik, besonders die von Bach«. Im Neujahrskonzert gab es natürlich nicht nur Klassiker. Viele völlig unterschiedliche Stücke folgten, so ein mitreißender reiner »Csardas« von Vittorio Monti (1868 bis 1922) oder, inspiriert von dem Tanzfilm »Dirty Dancing« von 1987, der Song»Tango por una cabeza« (deutsch: Für den Kopf eines edlen Fohlens) von Carlos Gardel. Bunt gemischt ging es auch nach der Pause weiter. Nach einem langsam-traurigen Satz von Georg Friedrich Händel »Lascia chio Pianga«, folgten eine Reihe von den beiden Musikern arrangierten Stücken wie »Emotions« nach der Filmmusik von »Schindlers Liste« und »Pearl Harbour«. Christiane Giesen

Klassik klassisch?

In der Pause wollte die Berichterstatterin wissen, wie den Zuhörern des Neujahrskonzerts die gespielten, oft ungewöhnlichen Stücke gefielen. »Ganz toll, ich bin wirklich begeistert«, sagte zum Beispiel Herbert Jering, der mit seiner Nachbarin da war, die ihm voll inhaltlich zustimmte. »Ich mag so einen Mix eigentlich gar nicht, aber die spielen so virtuos, dass ich von den ersten Klängen hingerissen war«, sagte Margret-Kremser-Eckart, die die Matinee besucht hatte. Eine andere, namentlich nicht genannte Dame meinte: »Ich finde, an den Klassikern soll man nichts verändern. Die sind so schön, dass sie nicht verbessert oder moderner gemacht werden müssen. Mir ist ein rein klassisches Konzert lieber. Wolfgang Sawallisch hätte so etwas in seinem Haus niemals gewollt. « gi

© Traunsteiner Tagblatt | KIRCHE | 37 | Samstag, 14. Januar 2023