Konzertkritik „Von Helsinki bis Wien“

„Von Helsinki bis Wien“ mit drei statt vier Interpreten

Brillantes Konzert nach mancherlei Hindernissen im Grassauer Heftersaal

Nachdem sich sowohl der Veranstaltungsort, Corona bedingt auch die Besetzung der Musiker und damit das Programm kurzfristig geändert hatten, gelang es der Musikakademie der Wolfgang Sawallisch Stiftung dennoch, in Windeseile eine brillante Konzertmatinee im Grassauer Heftersaal auf die Beine zu stellen. Der Saal war mit den notwendigen Abständen bis auf den letzten Platz besetzt. Nach zahlreichen, einfallsreichen Auslegungen konnte das Motto des Konzerts „Von Helsinki bis Wien“ bestehen bleiben, waren doch wenigstens Beethoven, Johann Strauß und Mendelssohn einige Zeit in Wien.

Statt des erwarteten Streichquartetts der Staatsoper spielten die höchst renommierte Pianistin Lilian Akopova, die in Armenien geboren wurde und heute in München lebt und lehrt. Auf der Violine spielte die nicht weniger virtuose, 1988 in Finnland geborene Anna Malja Hirvonen. Die beiden Damen begannen mit Ludwig van Beethovens erster Sonate für Klavier und Violine D-Dur, Opus 12, Nummer 1. Die dreisätzige Sonate hebt mit einem fanfarenartigen Unisono-Motiv an und entwickelt sich im gleichberechtigten „Gespräch“ beider Instrumente inspirierend weiter.

Ihre ungeheure Virtuosität und kraftvolle Brillanz als Pianistin stellte anschließend Lilian Akopova bei den „17 variations serieuses“, Opus 54  von Felix Mendelssohn Bartholdy unter Beweis. Vollkommen versunken in ihr Spiel schien die Künstlerin das gebannt lauschende Publikum nicht mehr wahrzunehmen. Das etwa 13 Minuten dauernde Werk gilt als eines der Meisterwerke des Komponisten. Lilian Akopova, die an der Hochschule für Musik und Theater in München und der Kalaidos Musikhochschule in Zürich lehrt, debütierte 2002 am Moskauer Pjotr Tschaikowsky Konservatorium und gibt seitdem regelmäßig Konzerte auch als Solistin in großen Konzerthallen Europas und den USA. Die anschließende Sonate a-moll, Opus 105 von Robert Schumann interpretierten wieder beide Musikerinnen. Schumann hatte sie für den Geiger und späteren Schumann-Biographen Joseph Wasielewski geschrieben, der das Stück auch mit Clara Schumann erstmals öffentlich spielte.

Ganz anders in Komposition und Darbietung erklangen dann die „Frühlingsstimmen“ nach dem Konzertwalzer von Johann Strauß (Sohn), 1883 komponiert, dessen eingängige Melodie schon bald zum Gassenhauer in Wien wurde. Auf dem Klavier wurde der Walzer im Heftersaal in eigener Transkription, jazzmäßig und improvisiert, von dem jungen, international erfolgreichen und preisgekrönten Pianisten Sorin Creciun gespielt. Er stammt aus der Republik Moldau und hat sowohl die deutsche als auch die rumänische Staatsbürgerschaft. Die mit dem Frühling verbundene Fröhlichkeit setzte er leidenschaftlich und phantasievoll in lebhaft temperamentvolle Musik um, die das Publikum im Heftersaal zu heftigem Applaus und Bravorufen hinriss. Allerdings war dieses aus dem übrigen Rahmen fallende Stück nicht jedermanns Sache. „Pianistisches Kabarett“, das wenigstens besser geübt gehört hätte, war später neben der Begeisterung über die gelungene Matinee auch von einem Musikliebhaber auch zu hören.

Den Abschluss des Konzerts bildeten schließlich „5 Stücke für Violine und Klavier“, Opus 81 von dem 1865 in Helsinki geborenen und 1957 verstorbenen Jean Sibelius. Finnland, gleichzeitig Heimat der Geigerin Anna Maija Hirvonen, brachten die Musikerinnen mit drei Sätzen, Mazurka, Rondino und Walzer, beglückend lebhaft, tänzerisch, aber auch mit melancholischen Anklängen zu Gehör. Großer Applaus und ein „kleines Ständchen“ unter dem Motto „Mexikanische Sonne“ entließen die Besucher.

Christiane Giesen