Dem Maestro zu Ehren

Junge Sänger treten zum 100. Geburtstag des Dirigenten in der Sawallisch-Villa auf

Von 950 ausgebildeten jungen Sängern werden von der Jury der Bayerischen Staatsoper in München jährlich nur zwei ausgewählt, um sich ein oder zwei Jahre im renommierten Opernstudio der Bayerischen Staatsoper praxisbezogen auf eine internationale Karriere vorzubereiten. Sie werden unmittelbar in den Opernbetrieb des größten deutschen Opernhauses eingebunden und übernehmen kleine bis mittlere Partien „Seite an Seite stehen dann die Großen von morgen mit den Großen von heute auf der Bühne“, erklärte Paul Bischof, künstlerischer Vorstand und Organisator der Sawallisch-Stiftung.

Komplett ausverkaufter Saal

Auch diesmal war das Publikum im komplett ausverkauften großen Kammermusiksaal der Villa im umgebauten ehemaligen alten Bad hingerissen von den Opernarien, die Tobias Truniger als höchst kenntnisreicher, kurzweilig moderierender Conferencier vorstellte. Viele der berühmtesten Opernarien beinhaltete das abwechslungsreiche Programm, gesungen von vier jungen Frauen und drei Männern aus sieben Nationen. Die aus Südkorea stammende Sopranistin Seonwoo Lee begann mit der berühmtesten Liebes- und Verführungsarie aus Georg Friedrich Händels „Alcina“, gefolgt von Xenia Puskarz Thomas aus Australien, die mit wunderschönem Mezzosopran die Hosenrolle aus Händels „Ariodante“ übernahm, beide mit großem schauspielerischem Talent. Während zu Anfang die Sänger die akustischen Möglichkeiten des Saals ein wenig austarierten, damit ihre großartigen, zu vollstem Volumen ausgebildeten Stimmen den vergleichsweise kleinen Saal nicht überforderten, war nach kurzer Zeit das richtige Timbre gefunden. Wunderbar zu beobachten, wie alle sich frei- sangen und die schöne Atmosphäre der Sawallisch-Villa genossen. Danach folgten drei Arien aus „La nozze di Figaro“ von Wolfgang Amadeus Mozart: die Arie des stets auf amouröse Abenteuer bedachten Grafen Almaviva, gesungen von Vitor Bispo aus Brasilien, der sich nach der Arie der Gräfin, die sich als ihr Kammermädchen Susanna verkleidet hat – gesungen von Eirin Rognerud aus Norwegen – anschließend ein bezauberndes Duett lieferte. Wieder folgten drei Arien, diesmal aus George Bizets „Carmen“, aber ohne die Rolle der Carmen. Der kanadische Tenor Zachary Rioux interpretierte die Arie des Don José überzeugend, wie auch das anschließende Treffen mit seiner Jugendfreundin, dem Bauernmädchen Michaela, gesungen von der belgischen Sopranistin Louise Foor. Danach sangen Louise Foor und Xenia Puskarz Thomas mit dem englischen, durchschlagkräftigen Bassbariton Thomas Mole zu dritt „Votre toast“, um zu feiern, dass José sich trotz aller Verführungskünste Carmens doch für seine Jugendliebe entschied.

Gagen wurden gespendet

Nach der Pause folgten weitere wunderschöne Opern-Arien aus Puccinis „La rondine“ sowie „La Bohème, aus der selten gehörten Oper Donizettis „Linda di Chamounix“ sowie – natürlich glamourös und mitreißend – die berühmtesten Arien aus der Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauss. Am Schluss sangen alle teilnehmenden Sänger das Schlussfinale „Im Feuerstrom der Reben“ und schließlich als Zugabe „Brüderlein und Schwesterlein“. Alle Teilnehmer haben ihre Gagen für die Sawallisch-Villa gespendet, sozusagen als Geburtstagsgeschenk und Hommage an Wolfgang Sawallisch, der so viele Jahre die Bayerische Staatsoper geleitet hatte. Er hätte – und hat sicherlich dort oben – seine Freude an diesem wunderbaren Abend gehabt.

Bericht und Foto: Christiane Giessen

Erschienen in OVB/Chiemgauzeitung am 26.10.2023